Das Basilikumbrötchen am Mittag – die Pokémon-Holokarte der Cafeteria

Ein grauer Dienstag. Es klingelt zur zweiten Pause, während ich mit knurrendem Magen vom OZ zum Hauptgebäude hochlaufe. Etwas muss zwischen die Zähne, um sich für die kommenden zwei Stunden Biologie zu wappnen. Während ich die Stufen hoch zur Cafeteria steige, lege mir bereits meinen Text zurecht, um gleich ein „Normales Brötchen mit Basilikum-Creme“ in den Händen zu halten. Die Schlange ist gewohnt lang, das Objekt der Begierde noch ein ganzes Stück entfernt. Also mache ich mich daran, mein Kleingeld abzuzählen und hier und da die eine oder andere interessante Konversation aufzuschnappen. 

Zwei junge Mädchen vor mir berichten ganz Feuer und Flamme von gewissen Karten. Karten, so so… Es ging um Trainerkarten, Energiekarten… Pokémonkarten? Die beiden Wartenden vor mir unterhalten sich über Pokémonkarten! Ich blicke mich um. Tatsächlich, viele Wortfetzen über das Kartenspiel meiner Kindheit, welches ich für komplett in Vergessenheit geraten hielt, fliegen mir zu. Mein erster Gedanke: „Gott, bin ich schon so alt?“ Meine Liebe zu Pokémon selbst ist groß, dass möchte ich nicht verkennen. Besonders einige Spiele für den Nintendo DS haben einen besonderen Platz in meinem Herzen und gerade die 5. Generation hat mich nie mehr losgelassen. Ich schweife ab…

Die letzten Erinnerungen an das Kartenspiel liegen allerdings weit zurück, ganz bis in die Zeiten der Grundschule. Die Debatten und das neue Interesse an den Karten bekam ich lediglich am Rande durch bekannte Streamer mit. Was für eine komische Welt… Manche Dinge scheinen doch nie alt zu werden. Ob demnächst eifrig „Tetris“ auf dem „Gameboy“ oder „Mariokart 64“ auf der „N64“ gespielt wird? Manche Dinge sind wohl so gut, dass sie sich an den Fortschritt anpassen, sogar selbst unsere technisch geprägte Welt etwas entgegenzusetzen haben und das bei einem Kartenspiel. Früher wurden die „Booster Packs“ durch Mundpropaganda groß, heute profitieren sie durch den Kult-Status und das Interesse bekannter Personen und bleiben dabei durch ihre Zeitlosigkeit stehts aktuell. Ich denke nun wieder an die Massen von Karten, die seelenruhig auf meinem Dachboden schlummern. Vielleicht ein kleines Vermögen? 

Die freundliche Cafeteria Bedienung reißt mich aus meinen Fantasien von einer Villa in Miami. Ich sage meinen, vor einer gefühlten Ewigkeit eingeübten, Text auf. „Basilikumcreme ist leider aus.“ Ich seufze. Das dritte Mal in Folge kein Brötchen mit kräuterigem Aufstrich. Naja, ein „Normales“ wird es auch tun. Ich nehme das Tütchen dankend entgegen und verabschiede mich mit einem Lächeln zum Biologieunterricht.

Vielleicht ist das Basilikum-Brötchen eben wie eine Holokarte im Pokémon Universum. Wenn du eines abhaben möchtest, musst du früh aufstehen, ein bisschen Glück haben und dich mit der gerechtfertigten Popularität und der daraus resultierenden Konkurrenz abfinden. 

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